Werke für Orgel / Works for organ

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Bruckners Orgelmusik wurde anfangs in Einzelausgaben veröffentlicht und ist erst nach dem 2. Weltkrieg gesammelt erschienen; großes Problem dabei war, dassl die Urheberschaft in manchen Fällen unklar war und dass manche Werke noch verschollen waren. Zwei Sammelausgaben sind seitdem erschienen
Edition Hans Haselböck, Doblinger 1970 (außerhalb der neuen Gesamtausgabe)
NGA: XII/6 (Horn, 1999)
Dies bedeutet, dass die meisten Einspielungen entweder auf dem Notentext Haselböcks oder eventuell auf früheren Einzelausgaben basieren. Heutzutage lassen sich so gut wie alle Orgelwerke als Erstausgabe oder als Manuskript von der Internetseite von IMSLP herunterladen. So gut wie keine Einspielung (Ausnahme: Parshin) gibt Aufschluss über die benutzte Ausgabe. Genauere Angaben zu den Aufnahmedaten fehlen oft, manchmal fehlt jeder Hinweis.
Sowohl Haselböck wie Horn verweisen das Präludium Es-Dur (WAB 127) und die vier Präludien Es-Dur (WAB 128, 1-4) in den Anhang, weil sie vermutlich nicht von Bruckner stammen.


Bruckners Orgelwerke sind für sein Schaffen von sekundärer Bedeutung. Das mag verwundern angesichts der Tatsache, dass Bruckner für sein Orgelspiel berühmt war und er sogar Orgelreisen nach u.a. Nancy, Paris, London, Zürich, Basel und in die Städte der k.u.k. Donaumonarchie unternahm, aber seine Berühmtheit beruhte auf seiner Improvisationskunst. Zwar spielte er ab und zu auch Werke von u.a. Bach, Albrechtsberger, Händel oder Mendelssohn, aber weiter ging sein Interesse nicht  - er überließ dieses Feld gerne seinen Kollegen.

Die wenigen Orgelwerke, die Bruckner hinterlassen hat, passen in dieses allgemeine Bild. Sie stammen aus Bruckners früher Periode und sind vor allem an der (barocken) Tradition orientiert, nicht aber an der Romantik; eine Ausnahme bildet nur das späte Perger Präludium, das mit seiner Chromatik auf der Höhe der Zeit ist. Sie sind also in keiner Weise wegweisend: anders als z.B. die Orgelwerke César Francks. Hinzu kommt, dass die Zahl der Werke, von denen Bruckners Urheberschaft unumstößlich feststeht, äußerst gering ist, und die meisten dieser Werke sind außerdem, anders als Bruckners spätere Messen und seine Symphonien, sehr kurz. 

1974 war ein Bruckner-Gedenkjahr: sein 150. Sterbetag.Möglicherweise aus diesem Anlass sind damals einige LPs mit Orgelwerken von Bruckner erschienen: Haselböck, Kropfreiter, Lohmann, am Rande noch Jansen-Wedekind. Forer und Rapf waren bereits in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre erschienen, nach Jansen-Wedekind wurde es still, bis 1990 die bis dahin bedeutendste Bruckner-Ausgabe erschien: Horn spielte eine ganze CD mit Bruckner ein, die er allerdings um einige Bearbeitungen ergänzen musste, um die CD "voll" zu bekommen.

Es sind einige "Gesamtausgaben"  der Orgelwerke auf LP bzw. CD erschienen. Auch wenn man die "apokryphen" Präludien WAB 127 und 128 mit einbezieht, kommt die Spieldauer  nur wenig über eine halbe Stunde hinaus; Hornetwa braucht dafür 33 Minuten. Die bisher letzte Gesamteinspielun - von Schaller - verzichtet sogar auf diese Präludien und kommt dann auf etwa  26 Minuten Spieldauer. Außer den fünf Präludien WAB 127 und WAB 128 - alle in Es-Dur - gibt es noch andere kurze Orgelwerke, die in obskuren Sammlungen Bruckner zugeordnet werden; Franz Haselböck hat einige von ihnen auf Harmonium eingespielt - als Kuriosum sehr interessant, nur leider nie auf CD erschienen. Bei aller erforderlichen kritischen Zurückhaltung wäre eine Sammlung solcher Kuriositäten ein Desiderat.

Manche Interpreten versuchen gewissermaßen, die Werke - z.T. "Hausaufgaben" des jungen Bruckner - über sich selbst hinauszuheben und ihnen vor allem den Anstrich des Virtuosen zu geben. Das ist möglicherweise mehr, als der junge Bruckner beabsichtigte.

In den Beiheften der CDs von Bruckners Orgelwerken ist öfters die Rede von "Bruckner-Orgeln" - die Werbung verweist mit großer Vorliebe immer wieder nach der großen Orgel von Stift Florian, wo Bruckner ja Jahre lang Schüler und danach Organist war.: Es ist in der Werbung die Bruckner-Orgel schlechthin, die Chrismann-Orgel von St. Florian (1774). Leider ist der Orgelkasten noch das einzige, was Bruckner heute wiedererkannt hätte, denn bereits 1875 hat Mauracher die Orgel völlig umgebaut, und auch im 20. Jahrhundert erfolgten noch diverse Änderungen, die die Orgel zu einer großen Orgel aufmotzen sollten, so dass sie irgendwann die größte Orgel in einem österreichischen Sakralbau war. Die Bezeichnung "Bruckner-Orgel" lässt sich somit auf die St. Florianer Orgel nur mit sehr großen Einschränkungen anwenden. Anders liegt der Fall bei der Chrismann-Orgel im Alten Dom in Linz (1788), die noch dem Zustand von Bruckners Linzer Jahren entspricht. Die anderen Chrismann-Orgeln in der Linzer Region, die Bruckner bespielt hat, gibt es nicht mehr: Admont (Orgel von 1782) brannte ab, und Steyr (Orgel von 1778), Bruckners deklarierte "Lieblingsorgel", wurde irgendwann ersetzt. In Wien spielte Bruckner gern die Orgel der Piaristenkirche Maria Treu (Orgel von Buckow, 1858) - auch sie könnte, wie die Orgel des Alten Domes in Linz, mit Fug und Recht als Bruckner-Orgel bezeichnet werden. Auch die Orgel der Wiener Votivkirche (Walcker, 1878) wurde, allerdings seltener, von Bruckner gespielt. Zusammenfassend: Die Orgel von Bad Ischl (Mauracher, 1888) hat Bruckner vermutlich nur einmal, bei einer Habsburger Hochzeit (1890) bespielt; sie wurde 1910 völlig umgestaltet.. Nebenbei sei noch auf die kleine Breinbauer-Orgel (1864) in Ansfelden hingewiesen: Bruckner spielte sie auf alle Fälle 1869. Eher suggestiv wirkt der Name der Wiener Hofburgkapelle, einer von Bruckners Wirkungsstätten; die damalige Orgel existiert nicht mehr, 1962 wurde hier eine Walcker-Mayer-Orgel, 2003 eine Kuhn-Orgel eingebaut - nur der Raum ist derselbe geblieben. Die Bezeichnung Bruckner-Orgel ist kein kanonisierter oder autorisierter Begriff, er dient bis auf einige wenige Fälle nur dazu, beim Leser oder Hörer Erwartungen und sentimentale  Assoziationen zu wecken.

Was für diskografischen Nutzen bringt uns diese Zusammenfassung? Erst einmal legt sie nahe, den Begriff "Bruckner-Orgel" mit einiger Skepsis zu verwenden. Wenn man den Originalklang hören will, den auch Bruckner gehört hat, kommen nur einige wenige Orgeln in Frage.Selbstverständlich kann man sich fragen, inwieweit das relevant ist. Zweitens lässt sich eine kleine Liste erstellen, von welchen Bruckner-Orgeln auch Bruckner-Orgeln existieren:
Sankt Florian: Augustinus Franz Kropfreiter, Klaus Sonnleitner, Rupert Gottfried Frieberger, Erwin Horn, Diane Bish, Robert Kovács, Alois Forer
Linz, Alter Dom: Rupert Gottfried Frieberger, August Humer, Philip Sonntag. Hermann Kronsteiner, Berhard Prammer
Wien, Piaristenkirche: Franz Haselböck, Elisabeth Ullmann
Wien, Votivkirche: Johannes Lenius, Magdalena Hasibeder
Ansfelden: Sabine Schwarz, Andreas Etlinger
Wien, Hofburgkapelle: Martin Haselböck, Alois Forer
Bad Ischl, Kaiser-Orgel: Klaus Sonnleitner


 

Adagio für Orgel (WAB deest)
Andante - s. Vorspiel d-moll
Festmusik - s. Improvisationsskizze Ischl 1890
Fuge d-moll (WAB 125)
Improvisationsskizze Ischl 1890 (WAB deest)
Introduktion und Doppelfuge B-dur (ohne WAB-Nummer)
Nachspiel d-moll (WAB 126)
Präludium Es-dur (WAB 127)
Vier Präludien Es-dur (WAB 128)
Präludium C-dur (Perger Präludium) (WAB 129)
Präludium B-dur (ohne WAB-Nummer)
Präludium F-dur (ohne WAB-Nummer)
Präludium F-dur (ohne WAB-Nummer)
Präludium aus dem Orgelbüchlein (ohne WAB-Nummer)
Vorspiel d-moll (WAB 130)
Vorspiel und Fuge c-moll (WAB 131)